Mit beinahe 40 Jahren auszusehen, als hätte man gerade erst die Volljährigkeit erreicht, ist wohl niemand anderem mehr vergönnt als ihm – dem “Goldi”. Skisprunglegende, Medienliebling und wahrscheinlich Österreichs bekanntester Spitzbub. Nach Beendigung seiner langen und erfolgreichen Karriere vor fünf Jahren und dem Eintritt in den Kreis der Co-Kommentatoren, schenkt der dreimalige Gesamtweltcupsieger heute seine Energie vor allem dem Nachwuchs und begibt sich im Rahmen des „Goldi Talente Cup“ auf die Suche nach unentdeckten Skisprungtalenten.
Wegen ihm verbrachte das sportbegeisterte Österreich in den 1990er Jahren viele Stunden vor dem Fernsehgerät und pilgerte in Scharen bei Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt zu diversen Skisprungweltcupdestinationen im In- und Ausland. Andreas Goldberger hat sich mit 20 Weltcupsiegen in nur vier Saisonen, 175-Top-Ten-Platzierungen und drei großen Kristallkugeln in die sportlichen Geschichtsbücher des Landes gesprungen. Er war es auch, der am 17. März 1994 im slowenischen Planica als erster Mensch über die magische 200 Meter Marke flog. Und auch wenn er bei 202 Meter in den Schnee gegriffen hat und Toni Nieminen (FIN) der offizielle „Zweihunderter“ zugeschrieben wird, so weiß auch heute noch jeder Skisprungfan, dass diese Weite erstmals vom damals 22-jährigen Oberösterreicher geknackt wurde. Einen offiziellen Weltrekord holte er sich aber dann doch: Im Jahr 2000 flog Andi Goldberger – ebenfalls in Planica – 225m weit und stellte damit einen Skiflug-Weltrekord auf. Am 29. Mai 2005 beendete „Goldi“ nach 14 Jahren und mit zwei Olympia-, drei Skiflug-WM- und sieben WM-Medaillen seine Karriere.
Plötzlich hatte der ewig junge Blondschopf Platz und Zeit für noch mehr Sport. Ohne Rücksichtnahme auf Muskelmasse und Körpergewicht konnte er ab sofort aus Spaß an der Freude laufen, Rad fahren, Langlaufen, Skifahren, Squash, Golf , und Tennis spielen. Kaum im oberösterreichischen Mondsee sesshaft geworden, trug er sich auch schon in diverseste Vereinsbücher in der Umgebung ein. Freundschaften schließen, in die Dorfgemeinschaft aufgenommen werden und das reichliche Angebot wahrnehmen – so die ganz persönlichen Gründe des geborenen Waldzellers. „Ich bin ein Genusssportler“, sagt der 38-Jährige heute von sich und gibt im nächsten Moment zu, den Wettkampfgedanken immer irgendwo im Hinterkopf zu haben. Eindrucksvoll unter Beweis stellte das der ambitionierte Hobbyläufer in den vergangenen Jahren vor allem mit seinen Teilnahmen beim Red Bull Dolomitenmann. Auf elf Kilometer gilt es dabei 1950 Höhenmeter zu überwinden, die persönliche Bestmarke des nunmehrigen TV Co-Kommentator steht bei 01:48h – der vielfache Berglaufweltmeister Jonathan Wyatt (NZL) finishte 2010 mit einer Zeit von 01:22h. Nach einer verletzungsbedingten Pause 2010 – beim Moutainbiken hat er sich die Kniescheibe gebrochen – gab Goldi 2011 in Lienz sein erfolgreiches Comeback. Außerdem mischte er bei der Erstaustragung des Red Bull 400 auf seiner Lieblingsschanze namens Kulm unter der Weltelite mit – dieses Mal allerdings im Berglauf von unten nach oben. Außerdem hat er an vielen anderen Sportveranstaltungen teilgenommen, hier ein kleiner Auszug: Wasalauf in Schweden, Arctic Circle Race in Grönland, Salzkammergut-Trophy in Bad Goisern, 24 Stunden Radrennen in Grieskirchen, Mondseeland Radmarathon, Mondsee Halbmarathon, Eddy Merckx Classic , Der weiße Ring am Arlberg sowie diverse Tennis- und Squashmeisterschaft in Mondsee.
Einen großen Traum verwirklichte sich der zweitplatzierte „Dancing-Star“ von 2006 mit dem Überflug über die gesperrte Großglocknerhochalpenstraße nach dem Ende seiner aktiven Karriere. Nur wenige Tage vor der offiziellen Aufhebung der Wintersperre Anfang Mai 2008 schnallte der zweimalige Gewinner der Vierschanzentournee (1992/93, 1994/95) seine langen Latten an und übersprang nach einer Anfahrt über die knapp 100m behelfsmäßige Rampe den weit über 30m breiten Straßengraben auf 2506m Seehöhe. Und auch wenn er in den Nächten davor kaum geschlafen hatte – „noch nie davor hat jemand etwas Vergleichbares probiert“ – so beendete er den Sprung doch mit einer Telemarklandung. Höchstnoten für den höchsten Skisprung der Welt kassierte er in Form von Anerkennung aus dem In- und Ausland.
Bereits zum wiederholten Mal bringt der einstige Weltcupdominator Skispringen sprichwörtlich ins Kinderzimmer. Beim „Goldi Talente Cup“ gibt er jedem Kind die Chance, sich zumindest einmal im Leben als Skispringer zu versuchen. „Diese Sportart ist kein wirklicher Breitensport und nicht jeder Skiclub verfügt über Sprungschanzen; mit dieser Aktion wollen wir das beste Umfeld für die Skispringerzukunft der interessierten Buben und Mädchen schaffen, indem wir dem Nachwuchs die Möglichkeit des Trainings bzw. dann später die Ausübung des Wettkampfsportes bei einem der nächstgelegenen Skiklubs anbieten“, so jener Mann, der vor allem den Spaß an seinem Sport weitergeben will. Und so nicht nur in kurzer Zeit tausenden begeisterten Kindern einen unvergesslichen Tag ermöglichte, sondern gleichzeitig an den Nachwuchs denkt. Mit Schlierenzauer, Morgenstern, Kofler und Co kommen die derzeit besten Skispringer der Welt aus Österreich; dass man sich allerdings auch in Zukunft keine Sorgen um die Adler machen muss, zeigt die Tatsache, dass pro Jahr runde 60 Kids nach der Teilnahme am Cup dem Sport erhalten bleiben. „Einen davon habe ich schon im Austria-Cup springen sehen – das beweist, dass wir am richtigen Weg sind“, zeigt sich der ehemalige „Herr der Lüfte“ durchaus stolz auf sein Projekt.
Im Winter ist er auch wieder für den ORF als Co-Kommentator und Kameraspringer bei den Skisprung-Veranstaltungen im Einsatz und berichtet in seinen Kolumnen für die Kronenzeitung von den Schanzen dieser Welt.
Und zu welchen Sprüngen will er selbst zukünftig ansetzen? „Wenn die Dinge so bleiben wie sie hier und heute sind, dann wäre das lässig.“ Bescheiden, sympathisch und bodenständig, Goldi eben.